Dienstag, 9. Dezember 2008
Mehr Leine wagen

Hannover liegt an der Leine. Was fast so etwas wie ein geflügeltes Wort ist und gerne als Vorlage für den ein oder anderen Wortwitz zum Thema Hannover genutzt wird, hat in der Realität einen erstaunlichen Bruch zu verkraften: in der hannoverschen Innenstadt wird die Leine nahezu versteckt.

Dabei ist die Leine an dieser Stelle ein wichtiger historischer Ort, Keimzelle der heutigen Stadt, deren Spuren sich rund 1000 Jahre zurück verfolgen lassen. Trotzdem scheint spätestens seit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg die Leine hier in eine Art Schlummerzustand gefallen zu sein. Klar, es gibt den ältesten deutschen Flohmarkt am Hohen Ufer und gegenüber stehen die Nanas von Niki de Saint Phalle, aber mehr Lebendigkeit, mehr Stadtöffentlichkeit findet kaum statt.

Einige hannöversche Bürger weisen schön länger auf diese Situation hin, jetzt scheint langsam das Bewußtsein für das Wasser als Qualität in der Stadt zu wachsen. Schon im Sommer haben sich Studenten der Uni Hannover mit dem Thema der Leineinsel beschäftigt, die bis zum Wiederaufbau der Stadt Anfang der 50iger Jahre zwischen Leinschloss und Marschstall im Fluss lag, und deren Spuren bis heute am Neustädter Ufer gesehen werden können.

Im Herbst hat sich eine Initative gefunden, die die alte Flusswasserkunst wiederaufbauen möchte, die ebenfalls hier stand. Dabei ist interessant, das mit einem neuartigen Wasserrad sogar ein zeitgemäße und eventuell sogar wirtschaftliche Nutzung gefunden werden konnte, die historische Aspekte und moderne Aspekte wie Nachhaltigkeit berücksichtigt. Die Gruppe hat in der Zwischenzeit den Verein Hannoversche Stadtbaukultur gegründet, um ihr Anliegen besser unterstützen zu können.

Nun hat Professor Heiner Haass von der Hochschule Anhalt, ein Experte auf diesem Gebiet, die Situation der Leine in Hannovers Innenstadt untersucht, er ist überrascht wie viel Potential hier verschenkt wird. Das alles sei lieblos, stellt der Professor in der heutigen Ausgabe der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung fest und fordert den Zugang zum Wasser. Wasser müsse mit allen Sinnen erlebbar sein. Und dann sagt er etwas, dass wohl symptomatisch für Hannover ist: "Mit so etwas würde sich jede andere Stadt schmücken."

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